Das gelobte Land

03.10.2011                      05.Tischrei. 5772

Zufluchtsort Deutschland:

Das gelobte Land

Unbemerkt von den Deutschen, ist ihr Land zu einem globalen Sehnsuchtsort geworden: Spanier, Griechen und Portugiesen lernen plötzlich Deutsch, junge Europäer suchen eine Zukunft in Deutschland, sogar Israelis wollen in Berlin wohnen. Was ist geschehen?

Es war im Mai dieses Jahres, als Tomoyuki Takada beschloss, seinen Landsleuten das Protestieren beizubringen. Zwei Monate zuvor war das Atomkraftwerk von Fukushima außer Kontrolle geraten, der Reaktor führte seitdem ein Eigenleben wie ein neuzeitliches Monster, täglich wurden in Japan neue Strahlenrekorde gemessen, und Takada stieg in Berlin in ein Flugzeug nach Tokyo. Neben ihm auf dem Sitz lag seine Geheimwaffe – leuchtend gelb und aus umweltfreundlicher, norddeutscher Jute. Sie hat grüne Henkel, und auf ihrem Bauch strahlt eine rote Sonne, drum herum formen japanische Schriftzeichen den Slogan »Atomkraft? – Nein danke!«.
Einhundert solcher Jutebeutel hatte Takada vor seinem Abflug nähen lassen, von einem Kieler Bioladenbetreiber. In Tokyo wollte er sie verteilen. Auf einer Seite ist die Tasche japanisch beschriftet, auf der anderen deutsch. »Das verleiht ihr Autorität«, findet Takada. Eine Art Gütesiegel aus dem Land des Atomausstiegs. Der japanische Bürger müsse erst lernen, seine Stimme zu erheben, sagt Takada….