04.04.2011 29.Adar ll, 5771
Auf dem Weg nach Chile:
Diese Schrift ist dem Andenken unserer Großeltern Franz Meinhardt und Margarethe Meinhardt, geb. Löwenthal gewidmet, die 1942 im Holocaust umgekommen sind. Sie ist auch unseren Eltern Gerd Meinhardt und Käte Meinhardt, geb. Luft gewidmet, die 1939 Nazi Deutschland verlassen konnten und in Chile Aufnahme und Schutz fanden, um dort ein neues Leben beginnen zu können. Sei ihr Andenken selig. (Z.L.)
An Bord der “Leipzig”
Die “Leipzig” war einer der modernsten Frachter des Norddeutschen Lloyds. Sie war von Bremen Richtung Valparaiso ausgelaufen. Sie war ein Frachtschiff, das auch noch um die 30 Kabinen für Passagiere hatte. Es war ein modernes Dieselmotorschiff, das fast lautlos fuhr. Die Passagierkabinen waren eng, aber piksauber, einfach und bequem möbliert. Die Verpflegung war gut und ausreichend. Alle Kabinen waren belegt, so dass ca. 60 Passagiere an Bord waren. Die Hälfte davon waren Emigranten wie meine Eltern, die andere Hälfte Reisende, die nach Südamerika gelangen wollten, unter ihnen Geschäftsleute, 6 katholische Nonnen, die zu ihrer Mission nach Peru fuhren, ein deutscher Ingenieur, der mit seiner frisch getrauten Frau nach Chile fuhr, um sich dort niederzulassen, und ein chilenischer Agronom, der in Deutschland seinen Doktor gemacht hatte und in einem Versuchsgut in Oberschlesien eine Frau kennengelernt und geheiratet hatte und mit ihr nach Chile fuhr. Diese beiden nicht jüdischen Familien, Fenzahn und Duran, sollten gute Freunde unserer Eltern werden und die Freundschaft sollte über Jahrzehnte andauern. Nicht alle Passagiere hatten bis zum Endpunkt der Reise Valparaiso gebucht, sondern fuhren bis Venezuela, Kolumbien, Ecuador oder Peru….