11.03.2011 05.Adar ll, 5771
Essay:
Libyens "Revolutionsführer" imponierte Linken wie Rechten – und am Ende auch manchem in der Mitte. Der Westen muss sich daher fragen, was an seinem Wertefundament nicht mehr stimmt
Die Partei Die Linke läuft Sturm gegen ein militärisches Eingreifen des Westens in Libyen. Ihr außenpolitischer Sprecher Wolfgang Gehrcke hielt jüngst jedoch die Klarstellung für nötig, dies bedeute keine Solidarisierung mit Muammar al-Gaddafi. Denn dessen "Kooperation mit dem Westen zum Abfangen von Flüchtlingen" habe "nichts mit linker Politik zu tun". Gehrcke warnte die Linke davor, "das längst nicht mehr passende, antiimperialistische Mäntelchen Gaddafis" hervorzuholen.
Das Statement zeigt exemplarisch, in welcher Weise Linke von ihrer langjährigen Bewunderung für den libyschen "Revolutionsführer" ablenken und seine Erbschaft dem Westen in die Schuhe schieben wollen. Tatsächlich haben westliche Regierungen und Konzerne seit einem guten Jahrzehnt alles getan, um den Diktator geschäftlich zu umwerben und hoffähig zu machen. Die Kungelei reichte bis in akademische Kreise. So hat der Direktor der London School of Economics (LSE), Sir Howard Davies, seinen Rücktritt erklärt, weil die weltberühmte Institution unter seiner Leitung mindestens 1,5 Millionen Pfund aus Libyen angenommen hat. Gaddafis Sohn Saif durfte an der LSE promovieren. Jetzt überprüft die LSE seine Doktorarbeit wegen Plagiatsverdachts. Auch andere britische Universitäten haben seit Jahren von der Spendierfreudigkeit arabischer Despoten profitiert….