19.03.2011 13.Adar ll, 5771
Bücher:
Leseprobe aus "ISHA": Frau und Judentum – Esther
Das Buch Esther ist Teil der Hagiographien. Die Geschichte spielt in Persien; wahrscheinlich stammt sie aus der Zeit nach dem Exil. Esther, eine Waise, gewinnt einen Schönheitswettbewerb, wird Königin und vereitelt das Komplott eines Vizekönigs, der die Ermordung aller Juden im Königreich plante. In der jüdischen Tradition wird Esther als Retterin des jüdischen Volkes gefeiert und dennoch ist ihre Heldenrolle nicht eindeutig. Eigentlich ist ihr Onkel und Beschützer Mordechai das wahre"Hirn hinter Esthers Erfolg".
Schließlich ist es Mordechai, der dem König das Leben rettet, von Hamans bösen Absichten erfährt, der Esther Handlungsanweisungen gibt und der am Ende das Privileg erhält, die königlichen Farben und die Krone zu tragen. Es stimmt, dass Esther für ihr Volk ihr Leben riskiert, aber zumindest anfänglich scheint sie nach Mordechais Willen zu handeln, und es fällt ihm zunächst gar nicht leicht, sie zu überzeugen. Zwei Mal hintereinander lehnt sie das Angebot des Königs ab, ihr jeden Wunsch zu erfüllen und lädt ihn anstatt dessen zu einem Festmahl ein. Ob dies schon Teil ihrer Strategie ist, oder ob sie sich einfach nicht traut, dies großzügige Angebot anzunehmen, ist schwer zu sagen. Vielleicht ist Esther eher ein Beispiel für eine Antiheldin, eine Frau mit zwei Gesichtern, das eine ängstlich und folgsam, das andere triumphierend und verführerisch. Vielleicht wurde sie zur Heldin, weil sie es im Gegensatz zu Vaschti* geschafft hat, ihren Platz als Gattin des Königs zu behalten und in dieser Position Einfluss auf das Schicksal zu nehmen; vielleicht auch, weil sie im Laufe des Buches über sich hinaus wächst und, obwohl anfangs zaghaft und unterwürfig, schließlich ihre Verantwortung wahrnimmt und den König zu beeinflussen weiß. Auf jeden Fall spielt sie in Verbindung mit Mordechais Aktivitäten eine eher ausgleichende Rolle….