Messianische Geschichtsdeutung

23.03.2011                      17.Adar ll, 5771

Judentum:

Messianische Geschichtsdeutung

Jüdische Historiographie im Mittelalter

a) Vorbedingungen

Im Judentum herrscht lange Zeit ein generell anderes Geschichtsverständnis als in der christlichen Welt. In der Heiligen Schrift ist die vollständige Geschichte von der Erschaffung der Welt bis ins fünfte vorchristliche Jahrhundert erzählt. Die Bücher der Propheten werden als die Deutung der Geschichte und das Buch Daniel als apokalyptische Aussicht verstanden (34). Das bedeutet einerseits, daß die jüdische Geschichtsvorstellung nicht durch Historiker, sondern durch Priester und Propheten geprägt wurde (35). Andererseits mußte Geschichte nicht weiter aufgeschrieben werden, da die wichtigen Ereignisse bereits in der Heiligen Schrift festgehalten waren. Alles übrige wurde nicht selten, wie beispielsweise von Maimonides als Zeitverschwendung bezeichnet (36).

Wenn auch die Rabbiner und Gelehrten keineswegs historische Verständigkeit bewiesen, was sich auf die Wirkung des talmudischen Judentums, das die Tradition der Geschichtsaufzeichnung fallen ließ, zurückführen läßt, so heißt das jedoch nicht, daß das Fehlen von Geschichtsschreibung als ahistorisches Denken gedeutet werden darf. Denn das jüdische Volk kennt seinen Gott aufgrund seiner Taten in der Geschichte, Gott hat sich vielmehr erst im Laufe der Geschichte offenbart….