21.05.2011 17.Ijar, 5771 Bechukotai; Tag 32 des Omer
Porträt:
Am Donnerstag wird Walter Laqueur, der Wanderer zwischen den Welten, neunzig Jahre alt. Nach wie vor schreibt der Historiker fast jedes Jahr ein Buch. Das ist ein Glück – für uns.
Warum sachlich, wenn es auch persönlich geht. Ich verehre diesen Mann – für seine Gerechtigkeit, die untrügliche, doch zarte Sicherheit des Urteils, skeptisch fast immer, aber nie gleichgültig und schnodderig. Walter Laqueur, der in der kommenden Woche neunzig Jahre alt wird, versinnbildlicht für mich die Kultur schlechthin, wenn man Kultur mit intellektueller Ausgewogenheit gleichsetzt, wenn man sie als Gabe versteht, beständig nachzudenken und die Vorurteile (die jeder hat) zu unterdrücken. Der Widerwille zu vereinfachen, gehört auch dazu, genauso wie der Schauder vor kopfloser Parteilichkeit. Laqueur ist ein Mensch, der in seiner Jugend nur knapp der Vernichtung entgangen ist, und wohl deshalb niemals aufgehört hat, sich zu wundern, zu lernen, neugierig zu sein. Obwohl nur noch mit schleppendem Schritt unterwegs, kann er bis heute mithalten mit dem Vormarsch junger Ideen. Nicht selten ahnt der alte Herr sie sogar voraus….