19.09.2011 20.Elul, 5771
Judentum:
Was der Politikwissenschaftler heute über das Verhältnis von Staat und Religion aus den “Sprüchen der Väter” lernen kann.
Jeder von uns, der sich mit der bekannten Formulierung aus den «Sprüchen der Väter» (1,18) «Auf drei Säulen ruht die Welt: Wahrheit, Recht und Frieden» auseinandersetzt, der fragt sich, ob wir es bei dieser geflügelten Sentenz nicht mit einer Feststellung zu tun haben, bei der der Wunsch Vater des Gedankens ist. Ruht die Welt denn tatsächlich, wie es in den «Sprüchen der Väter» heißt, auf «Wahrheit», «Recht» und «Frieden»? Begrüßenswert wäre das zweifellos. Keiner hätte dagegen etwas einzuwenden.
Und, wo fragt man sich weiter, ist unsere Wirklichkeit eigentlich nicht ganz anders geartet? Idealisieren wir hier nicht etwas? Was ist, so fragt man sich, wenn die Welt nicht auf «Wahrheit», «Recht» und «Frieden», sondern stattdessen auf dem Gegenteil aufgebaut ist, also auf «Lüge», «Unrecht» und «Krieg»? Wenn das so sein sollte, wäre das eine völlig andere Sichtweise, eine entgegengesetzte, eine zutiefst pessimistische Perspektive. Berücksichtigt man die Erfahrungen, die wir in der Vergangenheit und auch noch in unserer Zeit machen, könnte es gute Gründe geben, so und nicht anders zu argumentieren….