Warum es auch Syrer gibt, die am Aufstand zweifeln

01.02.2012                      08.Schwat. 5772

Syrien-Aufstand:

Warum es auch Syrer gibt, die am Aufstand zweifeln

Präsident Assad hat weiterhin auch Rückhalt im Volk. Manche haben mehr Angst vor der Revolution als vor ihm. Daniel Etter berichtet aus einem aufständischen Dorf in der Provinz Idlib.

Dieses Dorf soll ohne Namen bleiben. Zu groß ist die Angst der Bewohner, dass die Sicherheitskräfte wiederkommen, dass die Männer festgenommen und gefoltert werden, dass sie für immer verschwinden. Sie werden nicht unterscheiden können, meint Abu Hamad, zwischen den Leuten, die bewaffnet Widerstand leisten, und Menschen, die sich plötzlich in Mitten eines Aufstandes wiedergefunden haben, den sie so nicht wollten. Hamad, ein Englischlehrer in Rente, graues Haar und grauer Schnäuzer, braune Lederjacke, zählt sich selbst zu den wenigen, die das alles so nicht haben wollten.
Das Dorf liegt irgendwo in der syrischen Unruheprovinz Idlib. Hier sei jeder auf der Seite der Opposition, sagen sie wieder und wieder: Die Aktivisten, die jede Nacht in einem kleinen, überhitzten Raum Videos ihrer Demonstrationen auf YouTube hochladen. Die Soldaten der aufständischen Freien Syrischen Armee, die um die Stadt Position bezogen haben und den Bewohnern ein vages Gefühl von Sicherheit geben. Oder der stets schwarz gekleidete Dorfvorstand, zu dem die Männer abends kommen, wenn sie ihre Streitigkeiten beilegen wollen. Nur Abu Hamad zweifelt, ist zerrissen. Er weiß nicht, ob er den Menschen im staatlichen Fernsehen glauben soll oder seinen Nachbarn und Freunden. Seine Zweifel sind ein Beispiel dafür, wie weit die Propaganda des syrischen Regimes reicht, und wie gespalten und komplex die Lage in Syrien ist….