03.10.2011 05.Tischrei. 5772
"Unermesslicher Einfluß":
Zu Wagners “Judenthum in der Musik”
Im September 1850 erschien Richard Wagners Aufsatz “Das Judenthum in der Musik” in einer Zeitschrift für Musik. Mit dieser antisemitischen Schrift wollte Wagner unter dem Pseudonym “K. Freigedank” den angeblichen Einfluß der Juden auf die Musik als zersetzende Elemente bekämpfen. Der Aufsatz erregte zunächst nur wenig Aufsehen. Erst die Veröffentlichung als eigenständige Publikation unter dem tatsächlichen Namen des Autors im Jahr 1869 löste zahlreiche Repliken aus. Die vorliegende Besprechung erschien im April 1869 als Leitartikel in der Zeitschrift “Der Israelit”, der wichtigsten Publikation der deutsch-jüdischen Orthodoxie, gegründet und herausgegeben von Rabbiner Marcus Lehmann. Ihr zynischer Grundton in Bezug auf die angebliche Macht der Juden ist noch immer von erschreckender Relevanz:
Das Judenthum in der Musik
Wiewohl die unter obigem Titel erschienene Broschüre des Tondichters Richard Wagner bereits in voriger Nummer besprochen wurde, so wollen wir doch noch einmal darauf zurückkommen, weil unserer Ansicht nach ein gewichtiger Punkt in den zahlreichen Widerlegungen noch gar nicht hervorgehoben worden.
Die Wagner’sche Broschüre [hat eine] ungeheure Entrüstung hervorgerufen und [nicht] nur bei Juden. Selbst diejenigen Musiker, welche mit der Meyerbeer’schen Musik nicht einverstanden sind, — die sogenannte orthodoxe Richtung in der Musik, der einzig die deutschen Musik-Classiker: Bach, Händel, Haydn, Mozert, mustergiltig sind –, auch diese, denen Offenbach ein Gräuel ist und die weder die französische noch die moderne italienische Musik anerkennen wollen, auch diese sind empört über die Frechheit, mit welcher Wagner gegen Mendelssohn, den großen Heros classischer deutscher Tondichtung, zu Felde zieht. Die [] Selbstvergötterung des ehemaligen Dresdener Barrikadenhelden muß ihm ohnehin alle Welt zu [Gegnern] machen….