Pressemitteilung vom 04.04.2012

06.04.2012                      14.Nissan. 5772                      Erew Pesach; Fasten Erstgeborener

Erschreckendes Unwissen:

DIG-Präsident Reinhold Robbe kritisiert Günter Grass

Günter Grass hat sich mit seinem Text auf das Feld wohlfeilen Moralgezeters begeben. Selbst ohne Antisemitismus zu unterstellen, gegen den sich Grass in dem „Gedicht“ selbstherrlich verwahrt, kann man doch angesichts solch plumper, primitiver Rhetorik staunen – und sich ärgern.

Schon der Titel entlarvt die didaktische Haltung des Textes: „Was gesagt werden muss“. Als wäre Grass der erste, der eine längst überfällige Weltwahrheit auszusprechen wagt, weil allenthalben verschwörerische Kräfte solch „mutiges Wort“ unterdrücken.

Was aber adelt Grass zu der moralischen Überinstanz, die ihn offenbar so sehr belastet und ihm diesen dringend notwendigen Text in genialischem Ringen entlockt hat? Es ist das tausendjährige Erbe, natürlich. Grass meint, wir Nach-Nazis (Grass an erster Stelle) hätten mit unserer belasteten Historie auch ein höheres historisches Bewusstsein geerbt und seien somit prädestiniert, in der Welt Gerechtigkeit und Wahrheit ein für allemal zu verteidigen – und sei es mit Waffengewalt.

Denn Waffen sind es, die Grass hier wetzt. Sicher nicht das scharfe Schwert des Verstands, den man Grass noch vor wenigen Jahrzehnten zugetraut hätte. Nicht einmal das Messer des schneidenden Worts. Denn sein Gedicht „Was gesagt werden muss“ ist ein magerer, selbstbezogener Text, überflüssig und eitel. Die Waffe des ehemaligen Dichters Grass ist die behauptete Moral. Mit Wucht und weltumspannender Geltung will er sie daherkommen lassen, voll Überzeugung, dass ihm als Dichter diese Tumbheit nachgesehen werden wird. Sein Unwissen über die komplexen politischen Verhältnisse im Nahen Osten ist erschreckend und seine Einlassungen dazu sind so pauschal und dürftig, dass es sich geradezu verbietet, im Detail darauf einzugehen. Grass diskreditiert sich selbst, als Intellektueller wie als Künstler.

„Was gesagt werden muss“, darf sehr wohl gesagt werden. Wir wollen es aber den Klugen überlassen.

4. April 2012